Sidestory
Kapitel 4
Verloren und Gefunden
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Ein bisschen Magie, schadet nie!
“
Vaughn
Als Vaughn Faith fand, musste er lachen. «Zugegeben man hat hier seine Ruhe, aber das Bett ist sicher bequemer. Zudem passe ich hier nicht mit rein. Also komm raus. Ich hab einen genialen Plan», teilte er ihr mit und trat vor dem Kleiderschrank in ihrem Zimmer zurück. Ob er hier rein durfte, war ihm ziemlich gleich. Natürlich hatte er auch gesehen, dass sie geweint hatte. Doch hätte sie reden wollen, hätte sie sich sicherlich nicht dort verschanzt. Folglich sprach er sie nicht darauf an.
Faith sah ihn böse an. Sie hatte sich erschreckt, als die Tür geöffnet wurde. «Ach ja? Wo schmiedest du denn deine dunklen Pläne? Im Fantasialand? Gut ich komme mit, aber wehe dein Plan ist nur Standard», drohte sie ihm und kletterte aus dem Schrank. Dabei ignorierte sie sogar seine Hand und bewerkstelligte es ganz alleine. Auch wenn sie fast hinfiel dabei!
Der Junge lachte. «Woher wusstest du das? Obwohl es präzise gesagt am Zuckerwattestand dort ist», verbesserte er sie und passte dennoch auf, dass sie nicht hinfiel. «Natürlich ist mein Plan oscarreif. Komm mit», meinte er und nahm sie mit zu einem Gang, der an einer Feuerschutztür endete. «Hier! Diese Tür öffnet sich automatisch, wenn ein Feuer gelegt wird. Zack sind wir frei», meinte er selbstzufrieden.
Faith war mitgekommen, aber rollte nun übertrieben mit den Augen. «Ach ja? Woher weißt du, dass es dahinter nicht in den Garten geht? Außerdem sind hier keine Notalarmknöpfe, wie in Schulen, die du nur boxen musst, um zu bekommen, was du willst», kritisierte sie den viel zu einfachen Plan. Das konnte nicht klappen.
Doch der Rabenwandler ließ sich nicht verunsichern. «Ich hab gehofft, dass du das sagst. Also vom Garten aus kann ich die Tür nicht finden und schau mal da oben, Rauchmelder haben sie dennoch. Ich brauch nur deine Hilfe, dann lass ich dich meine magischen Fähigkeiten sehen. Ich weiß auch nicht, warum ich als 11-Jähriger keine Eule bekommen habe», scherzte er weiter.
Die junge Frau schüttelte den Kopf. Wie konnte man so viel über Harry Potter reden? Gut – sie war nicht mehr so verzweifelt und definitiv abgelenkt. Zudem was sollte ein Fluchtversuch noch schlimmer machen? «Gut, ich will deine Magie sehen. Was soll ich machen?», stimmte sie also zu. Schnell war klar, dass sie Schmiere stehen würde, während V auf einem Stuhl balancieren und dem Feuermelder Zaubersprüche zuflüstern würde.
Selbst als Rabe war es nicht so lustig auf einer Stuhllehne zu schwanken. Denn bis er sich verwandelt hätte, würde er schon nutzlos auf den Boden aufschlagen, ob jetzt als Mensch oder Rabe war da schmerztechnisch ziemlich egal. So zumindest seine Meinung. Mit einer Batterie und einem Kaugummipapier entzündete er tatsächlich ein kleines Feuer und versuchte, den Rauchmelder zu überreden Alarm zu schlagen. Er brauchte drei Papierchen und viele tausende Gehirnzellen, die sich in den Abgrund stürzten wegen seines Versagens, bevor es klappte und das Gerät losging. So schnell, wie er sich beeilte, knallte der Stuhl ziemlich laut zu Boden und er stürzte beinah. Danach wischte er sich aber die Haare wieder cool zurecht und tat als wäre alles gewollt. «Siehst du?», meinte er und zog die Augenbrauen hoch. Daraufhin ging er zu der Tür und zog daran. Einen Moment lang raste sein Herz in der Annahme, sie würde einfach zu bleiben. Doch sie öffnete sich und sofort ging das Rasen in ein purzelndes Stolpern über. Ja!!!
Faith erinnerte sich jetzt wieder daran, dass V Andeutungen gemacht hatte, wie er mit so etwas Feuer machen konnte. Schnell räumte sie den Stuhl in einen angrenzenden Raum, packte den Anderen an der Hand und zog ihn mit durch die Tür, um diese schnell wieder zu schließen. «Grandios. Aber wenn du so viel trödelst, werden wir erwischt!», tadelte sie.
Einen Moment lauschte Faith, so gut es ging, den Geräuschen auf der anderen Seite. Dann ging sie mit Vaughn die Treppe runter, die sich hinter der Tür verborgen hatte.
Irgendwie hätte sie es wissen müssen. Doch sie war einfach nur fassungslos, als sie unten ankamen und sich ein Schwimmbecken vor ihnen erstreckte. Sobald die Schwarzhaarige sich von dem ersten Schock erholt hatte, lief sie los und versuchte sämtliche Türen, die sie fand zu öffnen.
Zugegeben, es könnte sein, dass es das erste Mal war, dass ein Mädchen seine Hand hielt. Verständlicherweise war er da erst einmal etwas abgelenkt. Doch sobald sie unten ankamen und er das Becken sah, konnte er fühlen, was vermutlich auch in ihr vorging. «Das wäre ja auch zu einfach gewesen», flüsterte er zu sich selbst. Laut rief er: «PERFEKT. Ganz für uns alleine! Arschbombe!» Er streifte sich die Schuhe ab und sprintete los, um mit dem Hintern voran ins Wasser einzutauchen.
Schreiend tauchte er wieder auf. «KAAAAAALT UND SALZIG, ich erfriere … TITANIC, RETTE MICH!»
Gerade war sie noch ziemlich wütend gewesen, weil doch alles umsonst gewesen war, da musste sie schon lachen, weil V sich so albern benahm. «Aha ein Warmduscher also. Richtig uncool!», kommentierte sie, zog ihre Schuhe aus und sprang zu ihm ins Wasser. «Oh mein Gott, das ist ja echt arschkalt und … tatsächlich salzig», stellte sie verblüfft fest. Faith hatte die Temperatur eines Schwimmerbeckens erwartet und nicht ein komplett untemperiertes Becken.
Vaughn schnaubte: «Hab ich doch gesagt. Außerdem muss ich dir leider mitteilen, dass die Warmduscher-Sache eine komplette Fehlinformation ist! Mädels finden es viel cooler, wenn ihre Kerle heiß sind. Kalt duschen ist da nicht förderlich!», behauptete er sofort und schwamm zu ihr rüber, um sie kurz unter Wasser zu drücken. Natürlich rächte sie sich und tauchte tiefer, um ihn überraschend am Bein unter Wasser zu ziehen. Er schluckte dabei ordentlich Salz. Das glich dann wohl das ungewürzte Klinikessen wieder aus. Dennoch konnte er das nicht so stehen lassen und so rauften sie eine Weile, bis er rief: «Ich geb auf! Gnade!»
Tatsächlich hörte man ihr Lachen im ganzen Raum widerhallen, als sie den Rabenwandler endlich in Ruhe ließ. «Gut, ich lasse Gnade walten aber nur, wenn der Herr mir jeden Tag mein Essen an den Tisch trägt», verlangte sie. Hätte ihr jemand vorher gesagt, dass eiskaltes Salzwasser ihre Laune heben könnte, hätte sie demjenigen einen Vogel gezeigt. Gut es war nicht gerade eiskalt. Aber definitiv kein Schwimmbadbecken. «Denkst du, es ist für Meerestierwandler?», fragte sie.
Vaughn prustete und stimmte zu, alles zu tun, was sie verlangte. Bei ihrer Frage musste er jedoch lachend den Kopf schütteln: «Na was denn sonst? Denkst du etwa, sie haben hier Delfintherapien gemacht?» Gut das war etwas fies. «Mir wäre es lieber gewesen, es wäre ein normales Schwimmerbecken. Ich frier mir so langsam wertvolle Teile da unten ab, also lass uns wieder abhauen», schlug er vor. Nur um genau indem Moment, ein Räuspern zu hören. Schwester Lucy stand am Beckenrand und hatte die Arme in die Hüften gestemmt. Trotz des strengen Geräusches sah sie jedoch aus, als hätte sie sich gerade durchaus amüsiert. «Soso da hab ich also die Streuner erwischt und wenn ich nicht ganz falsch liege, auch die Quelle für den Feueralarm?», fragte diese streng, was V sofort abstritt: «Wie könnten wir denn Feueralarm auslösen? Wir sind nur brav durch die Feuerschutztür gegangen. Das sollte man doch so machen bei Feueralarm? Es ist nicht unsere Schuld, wenn die Tür falsch beschriftet war, und nun sind wir vor Angst auch noch in das kalte Becken hier gefallen.»
Faith war heftig zusammengezuckt bei dem Räuspern, und sprang direkt auf den Zug auf. «Ja und mir ist echt kalt», meinte sie. Das Zittern musste sie nicht spielen. Doch das Husten fügte sie zusätzlich hinzu. Leider musste sie feststellen, dass es noch kälter wurde, als sie aus dem Schwimmbecken kletterten und die nassen Sachen an ihnen klebten und tropften.
Doch Lucy war wie eine Magierin. Keine Ahnung, wo sie jetzt auf einmal die dicken Bademäntel her hatte. Die Schwester half ihnen sich, aus den Klamotten zu schälen, bevor sie die Teenager darin einwickelte.
Faith hatte nicht gewusst, dass Lucy kurz über die gedankliche Kommunikation einem Kollegen Bescheid gegeben hatte, sodass sie nur kurz hatte zur Treppe gehen müssen, um die Bademäntel anzunehmen. «Gut, ich spreche heute für die Angeklagten. Doch ich bin nicht mehr so nett, wenn so etwas noch einmal passiert», gab Lucy den beiden zu verstehen, bevor sie sie mit nach oben nahm.