Sidestory
Kapitel 5
Vertraust du mir?
„
Jemandem zu vertrauen, bedeutet auch seine verletzliche Seite Preis zu geben.
“
Zero
Faith konnte es immer noch nicht glauben, dass sie keinen Ärger für die Schwimmbadaktion bekommen hatten. Vermutlich konnte niemand nachweisen, dass sie den Feueralarm ausgelöst hatten. Mittlerweile fragte sie sich sogar, ob die Chancen wirklich zu fliehen, nicht größer gewesen wären, wenn sie sich hätten evakuieren lassen. Bestimmt konnten die Angestellten nicht auf jeden Patienten achten. Doch wie sie V bereits gesagt hatte, selbst wenn man entkam, war man nie lange in Freiheit.
Die Schwarzhaarige hatte es geschafft, aus der Ergotherapie entlassen zu werden, indem sie Übelkeit vorgetäuscht hatte. Stattdessen schlich sie zu Zero aufs Zimmer und setzte sich lächelnd an dessen Bett. «Du siehst schon viel besser aus», meinte sie.
Zero hatte Faiths Duft, lange bevor sie das Zimmer betreten hatte, wahrgenommen und erwartete sie bereits, als sich die Tür öffnete. «Und du wie immer umwerfend.», neckte er sie und nahm das leichte Erröten zufrieden wahr. «Ich werde morgen entlassen.» Er sagte die Worte, als würde er schnell ein Pflaster abreißen.
Entgeistert sah Faith ihn an. Gerade war sie noch leicht errötet und hatte sich wie ein verliebter Teenager gefühlt und jetzt rosa Zero sie wieder auf den Boden der Tatsachen. «Du weißt nicht, wann du wieder herkommst?», fragte die Wolfswandlerin beinahe tonlos.
Zero hatte mit einer solchen Reaktion gerechnet. Sanft steckte er die Hand aus und hob ihr Kinn, damit sie ihn wieder ansah und nicht ihre Schnürsenkel betrachtete. «Möchtest du mit mir kommen? Ich verspreche auf dich aufzupassen. Egal, was geschieht.»
Ihr Herz pochte heftig und alles in ihr schrie danach, ihm in die Arme zu fallen. Natürlich wollte sie das! Doch … «Ich darf nicht. Dr. Goodwyn wird mich nicht entlassen.», meinte sie und zuckte hilflos mit den Schultern. Der Andere konnte nicht wissen, wie oft sie davon fantasiert hatte, dass er dies fragte.
Doch das warme Lächeln in Zeros Gesicht verschwand nicht. «Ich habe mit ihm geredet und er lässt dich mit mir gehen, wenn du das möchtest», erklärte er. Doch er hatte nicht damit gerechnet, wie Faith auf diese Aussage reagieren würde.
«Du hast was?!», fauchte sie. Die Schwarzhaarige rückte ein Stück von Zero zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. «Ihr habt über mich geredet? Was genau habt ihr denn besprochen?», fragte sie. Es war ihre Absicht gewesen, betont ruhig, zu sprechen. Doch die Anspannung war deutlich hörbar. Was hatten sie besprochen? Was hatte Dr. Goodwyn erzählt und was hatte Zero gesagt?
Überrascht vom Stimmungswechsel, brauchte er einen Moment, um zu antworten. «Ich habe ihm die Vorteile dargelegt, wie es wäre, wenn du mit mir kommst. In der Natur kannst du viel besser zu dir kommen. Wir sind Wölfe. Wenn jemand weiß, wie es ist, sich in einen Wolf zu verwandeln, dann ich. Ich kann dir helfen und dich beschützen. Dieses eingesperrt sein ist nichts für dich.»
Hatte er vielleicht wieder eine Regel der Menschen gebrochen? Als Naturalist verstand er nicht alle Regeln der Höflichkeit und oft war er zu direkt. Dabei hatte er es nur gut gemeint und Faith schien das doch auch zu wollen oder hatte er sich so sehr geirrt?
«Ich möchte dir meine Welt zeigen. Weitab von anderen Menschen»
Helfen – er wollte ihr helfen! Das tat so weh, dass sie die Tränen unterdrücken musste. «Wie schön!», sie spuckte diese Worte fast aus und war nun auf den Beinen. «Fantastisch, dass ihr euch so gut versteht! Vielleicht solltest du den Dr. mit auf ein Wochenende im Wald nehmen», schlug sie vor und drehte sich um. Eigentlich wollte sie schnurstracks durch die Tür und gehen. Doch dann wandte sich die Teenagerin mit Tränen in den Augen um und schrie fast: «Wie schön das ihr alle wisst, was gut für mich ist! Der armen Faith muss man helfen! Du bist ein Wolf und weißt ja ach so genau, was in mir vorgeht!? Wie schön für dich! Scheinbar weiß jeder besser über mich Bescheid als ich selbst! Ich bin auch noch so dumm, zu denken, dass du mich magst!»
Ein Knurren drang aus ihrer Kehle. Ihr Zorn hatte sich so gesteigert, dass sie vielleicht… Erschrocken stolperte sie zurück.
Schneller als man es für möglich gehalten hätte, war er auf den Beinen. An ihren wunderschönen blauen Augen hatte er bereits erkannt, dass sie sich ein wenig verlor. Jetzt schloss er sie in seine Arme und ignorierte das Knurren. Sanft streichelte er ihr über das lange schwarze Haar. «Ich bin ein Idiot. Verzeih mir.», bat er sie mit seiner tiefen Stimme. Natürlich hatte er jetzt begriffen, warum sie sich so aufregte. «Ich mag dich wirklich und ich möchte, dass du bei mir bist. Ich will nicht ohne dich gehen.», gestand er ihr.
Sie hatte ihn noch heftiger angeknurrt und versucht, ihn wegzustoßen aus Angst ihn zu beißen. Doch er hatte sie einfach festgehalten, bis ihr Atem ruhiger wurden und ihre Tränen versiegten. Vorsichtig blickte sie zu ihm auf. Sie waren sich viel zu nah. Doch sie wollte nicht vor ihm zurückweichen. «Wirklich?», kam die Frage aus ihr heraus und sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen.
Statt zu antworten, legte Zero seine Lippen auf die ihren und küsste sie sanft. Er schmeckte das Salz ihrer Tränen, spürte die Hitze, die von ihr ausging, spürte die zarte, weiche Haut und ließ den Kuss immer inniger werden. Er wollte, dass sie all ihre Zweifel vergaß – wollte, dass sie spürte, wie sehr er sie mochte. Als er sich von ihr löste, bat er flüsternd «Vertrau mir.»
Heißes Wasser floss durch ihre Lippen und ihren ganzen Körper. Nicht so, dass es sie verbrannte und doch so heiß, dass es ihren ganzen Körper zum Kribbeln brachte.
Seine Lippen fühlten sich ein wenig rau an und so nah an ihm hatte sie wieder das Gefühl den Wald riechen zu können, obwohl er doch nach Krankenhaus und Chemikalien riechen sollte.
Ihre Hände, die ihn eben noch hatten wegstoßen wollen, klammerten sich nun an sein Oberteil und sie spürte nur mehr als deutlich seine Brustmuskeln unter dem dünnen Stoff. Hatte er wirklich Gefühle für sie? War es nicht nur Mitleid? Tausend Gedanken schossen durch ihren Kopf. Dennoch antwortete sie, ohne zu zögern, auf seine Frage. «Okay»